Medizintechnik in Frankreich: Ein strategischer, vielversprechender Markt

Die Marktgröße, gute Infrastrukturen, Innovationskraft und das hohe technologische Potenzial im Gesundheitsbereich machen Frankreich zu einem Partnerland, in das es sich zu investieren lohnt. Frankreich ist ein besonders günstiger Markt für Medizinprodukte: Mit einer Bevölkerung von 65,4 Mio. Menschen (von denen fast 20 Prozent älter als 65 Jahre alt sind), einer universellen Gesundheitsversorgung und einem krankenhauszentrierten Gesundheitssystem mit zahlreichen medizinischen Spitzenbereichen liegt das Land bei den Gesundheitsausgaben (11,2% des BIP) unter den OECD-Ländern an vierter Stelle. Die zunehmende Digitalisierung des französischen Gesundheits- beziehungsweise Krankenhaussektors bietet für die Medizinproduktebranche gute Marktchancen. Eine alternde Bevölkerung, die Zunahme chronischer Krankheiten und systemischer Personalmangel begünstigen ebenfalls die Entwicklung der Medizintechnik im stationären Bereich.

Auf der Nachfrageseite ist der Krankenhaussektor ein sicherer Absatzmarkt mit einem Trend zur Dezentralisierung von Einkauf und Informationssystemen auf regionaler Ebene. Darüber hinaus wird in den nächsten Jahren ein Wachstum der Pflegeeinrichtungen erwartet. Die französischen Spitzenbereiche Labor und medizinische Bildgebung sind weitere wachstumsträchtige Segmente mit günstigen Absatzmöglichkeiten. Patientenverbände und Krankenversicherungen sowie -kassen, die im Rahmen der Erprobung von Medizinprodukten eng mit der Haute Autorité de Santé (der Nationalen Gesundheitsbehörde) zusammenarbeiten, sind ebenfalls bevorzugte Gesprächspartner:innen.

Die französische Medizinproduktebranche befindet sich im Wachstum. Dieses wird vor allem von der In-vitro-Diagnostik (IVD) und dem Export getragen. Auf dem Markt ist der Eintritt neuer Akteure im Segment der digitalen medizinischen Geräte zu beobachten. Mehr als die Hälfte der ausländischen Unternehmen in Frankreich sind deutscher bzw. europäischer Herkunft. Das belegt die Geschäftschancen für deutsche Hersteller:innen von Medizintechnik. Das Wettbewerbsumfeld ist moderat und bietet deutschen Anbieter:innen von Medizinprodukten beziehungsweise dazugehöriger Software Chancen, sich in Frankreich zu etablieren (insbesondere in den Regionen Ile-de-France und Auvergne-Rhône-Alpes). Zudem existiert es großes Potenzial bei Technologiepartnerschaften im privaten Sektor und in Zusammenarbeit mit dem französischen Verbands-, Cluster- und Forschungsnetzwerk.

Auch wenn das französische Gesundheitssystem als eines der leistungsfähigsten Systeme Europas gilt, befindet sich die Gesundheitswirtschaft in einem ständigen Reformprozess, der mit einer Kostensenkung und Leistungsoptimierung und damit dem starken Willen zur strukturellen Modernisierung einhergeht. Im Rahmen der Konjunkturprogramme auf nationaler und EU-Ebene sowie des europäischen Ziels der Souveränität in den strategischen Bereichen Gesundheit und Digitalisierung werden die Gesundheitseinrichtungen in den kommenden Jahren von erheblichen Mitteln profitieren, um die Wende zum Krankenhaus 4.0 (hôpital du futur/numérique) zu beschleunigen. Solche Tendenzen werden z.B. durch die zunehmende Integration von künstlicher Intelligenz und digitale Prozesse im Pflegeangebot unterstützt. Zusätzlich zum sektorübergreifenden Wiederaufbauplan „France Relance“ werden u.a. 3.000 Krankenhäuser und Pflegeheime vom Ségur de la Santé profitieren, und zwar im Rahmen der Unterstützung einer großen Modernisierungs- bzw. Umstrukturierungsmaßnahme, Investitionen oder einer Schuldenübernahme.

All diese Trends lassen auf sehr günstige Aussichten für deutsche Anbieter:innen von Medizinprodukten in Frankreich schließen. In einem Markt, in dem vertrauenswürdige Gesprächspartner:innen bevorzugt werden, ist ein langfristiges Kooperationsprogramm durchaus mehr als sinnvoll und entspricht den aktuellen Bedürfnissen der Krankenhausakteure.

SWOT-Analyse Frankreich

Strenghts (Stärken)

Weaknesses (Schwächen)

Großer Markt mit wachsender Bevölkerung Geringe Reformbereitschaft
International wettbewerbsfähige Großunternehmen Geringe Flexibilität des Arbeitsmarktes
Qualifizierte Arbeitskräfte Großer, teilweise ineffizienter Staatsapparat
Gute Infrastruktur Schwache Ausprägung von Industrieclustern außerhalb der Sektoren Luftfahrt und KfZ
Staatliche Förderung von Schlüsselbranchen Geringe Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlere Unternehmen
*** Exportschwäche für industrielle Güter

Opportunities (Chancen)

Threats (Risiken)

Reformen eröffnen Chancen in zahlreichen Sektoren Soziale Konflikte
Hohe staatliche Subventionen Geringer Reformspielraum durch Haushaltsdefizite und hohe Staatsverschuldung
Digitalisierung bietet Kooperations- und Marktchancen Hohe, strukturelle Arbeitslosigkeit
Aktive Industriepolitik zur Stärkung des Mittelstandes Wachsender technologischer Rückstand in der Industrie
Wachstum durch geringe Arbeitskosten und Steuersenkungen Konjunktur: Erholungsphase, Inflation und Energiekrise
Großzügige Konjunkturprogramme (vgl. Plans de Relance, France 2030) zum Ausgleich der Coronakrise sowie effizienter Tarifschild für Strom- und Gaspreise ***